
Viele Berufe sind ohne Schichtarbeit nicht denkbar – nicht nur im Gesundheitsbereich. Das betrifft dann nicht nur wechselnde Arbeitszeiten, sondern auch Wochenenddienste.
Bildungsurlaubsseminare finden aber fastausnahmslos Montag bis Freitag tagsüber statt.
Arbeitstage und Bildungsurlaubstage sind dann nicht in Deckung zu bringen. Die Folge: Bildungsurlaubstage fallen in freie Ausgleichstage. Wird der Bildungsurlaubsanspruch dann auf die nächstliegenden Arbeitstage angerechnet, dem Grundgedanken des Bildungsurlaubs folgend, oder tut sich für Arbeitgeber eine vorteilhafte Regelungslücke auf?
Die Bildungsurlaubsgesetze fast aller Länder lassen diese Anrechnungsfragen ungeklärt – zum Leidwesen der betroffenen Schichtarbeiter*innen. Lediglich das Gesetz des Landes Berlin und des Saarlandes nimmt darauf Bezug.
Verweigern Arbeitgeber*innen die Verrechnung mit Wochenenden, bedeutet das zwar, dass Berufstätige noch einen Restanspruch von i.d.R. 2 Tagen haben, für den werden sie aber kaum Seminarangebote finden. De facto entspricht das dann einer Kürzung des gesetzlichen Bildungsurlaubsanspruchs durch die Hintertür.
Ein weiterer Aspekt bleibt dabei oft unberücksichtigt, der Arbeitgeber aber zum Einlenken bewegen kann: Bildungsurlaubstage sind de jure Arbeitszeit. Die maximale Arbeitszeit pro Woche und ohne Erholungstage sind gesetzlich geregelt. Wenn der genehmigte Bildungsurlaub an Schichttage anschließt, sind die maximalen zulässigen Arbeitszeiten in Folge zu beachten.
Es empfiehlt sich darum für Arbeitnehmer*innen im Schichtdienst, schon bei der Beantragung eine Lösung mit der Personalverwaltung zu suchen – gerade die frühzeitige Planung macht es allen Beteiligten möglich, unnötige Konflikte zu vermeiden. Konkret: der Freizeit-Ausgleich für den Bildungsurlaub sollte direkt geklärt werden. Falls sich Konflikte abzeichnen, empfiehlt sich der Hinweis an den Arbeitgeber, dass bei kleinlicher Abrechnung Resttage Bildungsurlaub eben doch genommen und zur Not mit freien Tagen aufgefüllt werden. So kann man dem Arbeitgeber verdeutlichen, dass ihm seine Strategie der Kürzung durch die Hintertür nur Verwaltungsmehraufwand bringt. Die Unterstützung des Personal- bzw. Betriebsrats kann in diesen Fällen sehr hilfreich sein, weil dieser die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit bei Inanspruchnahme eines Bildungsurlaubs überprüfen kann und ggf. interveniert.
Grundsätzlich wäre allerdings wünschenswert, dass die Länder ihre Gesetze um eindeutige Regelungen zum Schichtdienst und der Verrechnung von Bildungsurlaubstagen ergänzen.
Ja. Grundsätzlich ist es möglich, Bildungsurlaub zu nehmen, während man in Kurzarbeit ist. Das ist sogar eine gute Idee: Lernen statt Nichtstun – und es kann auch für den Arbeitgeber von Vorteil sein, weil die Abwesenheit von Arbeitnehmer*innen weniger ins Gewicht fällt als in regulären Arbeitsperioden.
Allerdings gibt es einen wesentlichen Unterschied bei der Gehaltszahlung: Die Arbeitsagentur zahlt für die Dauer des Bildungsurlaubs das Kurzarbeitergeld nicht weiter – die anfallende Lohnzahlung wird wieder vollständig der Arbeitgeber übernehmen – dies aber auch nur in Höhe des sonst gezahlten Kurzarbeitergeldes. Damit soll eine Besserstellung gegenüber den kurzarbeitenden Kolleg/innen vermieden werden. Lesetipp: Artikel des DGB-Bildungswerk NRW e.V.
Die Bildungsurlaubsgesetze der Bundesländer regeln das – allerdings jedes anders.
Es gibt 2 Wege zur Rettung Ihres diesjährigen Anspruchs:
Einige Länder erlauben sogar grundsätzlich eine flexible Inanspruchnahme in einem Zweijahreszeitraum, der Anspruch auf Bildungsurlaub wird also nicht auf ein Kalenderjahr bezogen, sondern kann innerhalb 2 Jahren frei verteilt werden. Diese Regelung ist unkompliziert und ausgesprochen arbeitnehmer*innenfreundlich. Auch wenn es im Gesetz nicht explizit gefordert ist: es kann nicht schaden, dem Arbeitgeber Ihre Absicht zu erklären, den diesjährigen Bildungsurlaubsanspruch im nächsten Jahr zu beanspruchen.
Tipp: In unserer Seminardatenbank können Sie 10-Tage-Zusammenfassungs-Bildungsurlaube ganz einfach filtern.
Hier ein Blick auf die konkreten Regelungen der einzelnen Länder:
Das Gesetz sieht weder Zusammenfassung noch Übertragung des Anspruchs auf das Folgejahr vor. Ein nicht genommener Anspruch erlischt immer zum Jahresende.
Ihren Anspruch aus diesem Jahr können Sie nicht ins nächste Jahr verschieben. Ihr Anspruch aus dem laufenden Jahr erlischt zum Jahresende (Das war bis 1.9.2021 anders, das Gesetz wurde in diesem Punkt verschärft.) Kleiner Trost: Das Berliner Bildungsurlaubsgesetz erlaubt Ihnen, den Anspruch des kommenden Jahres mit dem von diesem Jahr zusammenzufassen, das ermöglicht Ihnen den Besuch von zweiwöchigen Seminaren.
Das Brandenburgische Bildungsurlaubsgesetz gewährt 10* Tage Anspruch innerhalb 2 Jahren ( bei 5 Arbeitstagen pro Woche). Ihren Anspruch aus diesem Jahr können Sie ohne weitere Formalitäten ins nächste Jahr verschieben.
10* Tage Anspruch (bei 5 Arbeitstagen pro Woche) innerhalb eines Zwei-Jahre-Zeitraums. Dieser Zwei-Jahreszeitraum richtet sich nach dem Jahr, in dem der /die Arbeitnehmer*in zum ersten Mal im Bundesland Bremen gearbeitet hat. Eine Verschiebung ist z.B. vom 1. auf das 2. Jahr, und vom 3. auf das 4. Jahr der Tätigkeit in Bremen möglich, nicht aber vom 2. auf das 3. Jahr.
Das Hamburger Bildungsurlaubsgesetz sagt: 10* Tage Anspruch innerhalb 2 Jahren (bei 5 Arbeitstagen pro Woche). Ihren Anspruch aus diesem Jahr können Sie ohne weitere Formalitäten ins nächste Jahr verschieben.
Ein nicht ausgeschöpfter Anspruch kann auf das nächste Kalenderjahr übertragen werden. Wichtig: Die Übertragung ist bis zum 31. Dezember des laufenden Jahres schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber zu erklären.
Der Anspruch beläuft sich hier auf 10* Arbeitstage für einen Zweijahreszeitraum. Dieser Zeitraum beginnt jeweils mit einem ungeraden Kalenderjahr und endet mit einem geraden Jahr, wie z.B. 2022. Beginnt das Arbeitsverhältnis in einem geraden Kalenderjahr, beläuft sich der Anspruch in diesem Jahr auf fünf* Arbeitstage.
Ein nicht ausgeschöpfter Bildungsurlaubsanspruch des vorangegangenen Kalenderjahres kann noch im laufenden Kalenderjahr geltend gemacht werden.
Hier wird unterschieden zwischen Übertragung und Zusammenfassung. Auf die Zusammenfassung Ihres Anspruches von diesem und dem nächsten Jahr haben Sie einen Rechtsanspruch. Zusammenfassung meint entweder ein längeres zweiwöchiges Seminar, oder 2 einzelne Seminare mit inhaltlichem Zusammenhang, also aufeinander aufbauend. Die konkrete Wahl des Seminars / der Seminare können Sie aber nächstes Jahr vornehmen. Wichtig: Ihre Absicht der Zusammenfassung im kommenden Jahr müssen Sie unbedingt schriftlich und noch in diesem Jahr dem Arbeitgeber erklären. Einen Anspruch auf einfache Übertragung – also die Verschiebung ins nächste Jahr ohne Zusammenhang zum Bildungsurlaub im nächsten Jahr gibt es nur, wenn Ihr Arbeitgeber einen Bildungsurlaubsantrag von Ihnen dieses Jahr aus betrieblichen Gründen abgelehnt hat.
Der Anspruch beläuft sich hier auf 10* Arbeitstage für einen Zweijahreszeitraum. Dieser Zeitraum beginnt jeweils mit einem ungeraden Kalenderjahr und endet mit einem geraden Jahr, wie z.B. 2022. Nicht ausgeschöpfte Ansprüche erlöschen zu diesem Zeitraum und sind nur mit Einverständnis des Arbeitgebers übertragbar, ein Anspruch auf Übertragung besteht aber nicht.
Eine Übertragung ist nicht vorgesehen, eine Zusammenfassung mit dem Anspruch des Folgejahres ist nur mit Einwilligung des Arbeitgebers möglich.
Der Anspruch zweier Jahre kann zusammengefasst werden. Ihren Anspruch aus diesem Jahr können Sie ohne weitere Formalitäten ins nächste Jahr verschieben.
Die Zusammenfassung von 2 Jahren für längere Seminare ist möglich, Antragstellung auf „Verblockung“ im kommenden Jahr bereits im aktuellen Jahr ist erforderlich.
Eine Übertragung ins Folgejahr ist nur möglich nach Ablehnung bzw. Rücknahme einer Zusage eines Bildungsurlaubs durch den Arbeitgeber. Es gibt keine Regelung für eine Zusammenfassung.
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*5 / *10 Tage Anspruch beziehen sich auf eine Tätigkeit mit 5 Tagen pro Woche. Bei mehr oder weniger wöchentlichen Arbeitstagen erhöht bzw. verringert sich dieser Anspruch.
Das Verfahren ist für Veranstalter mitunter aufwändig und teilweise gebührenpflichtig. Zudem sind nicht alle Weiterbildungen in allen Bundesländern anerkennungsfähig. Es gibt zwei Möglichkeiten:
1.Fragen Sie Ihren Arbeitgeber, ob er den Bildungsurlaub auch genehmigt, wenn die Anerkennung nur in anderen Bundesländern vorliegt. Er muss das nicht, kann aber zustimmen – und viele Arbeitgeber sind inzwischen flexibel.
2.Bitten Sie den Veranstalter, einen Antrag für Ihr Bundesland zu stellen. Dafür sollte bis zum Seminarbeginn noch genügend Zeit bleiben (bis zu 3 Monate).
Auf Bildungsurlaub.de finden Sie immer eine Angabe des Veranstalters, in welchen Bundesländern die Anerkennung vorliegt. Aber was ist mit Seminaren, die Sie an anderer Stelle gefunden haben?
Ganz einfach: Fragen Sie den Veranstalter. Der muss es wissen, denn eine Anerkennung gibt es nur auf dessen schriftlichen Antrag beim Ministerium oder Senat. Der Veranstalter erhält einen schriftlichen Anerkennungsbescheid. So etwas vergisst man nicht. Wenn Ihnen also ein Veranstalter keine Antwort geben kann, ist er ziemlich sicher nicht anerkannt. Sie können ihn dann immer noch fragen, ob er für Sie die Anerkennung beantragen würde.
Die Gesetze von Baden-Württemberg und NRW kennen tatsächlich keine Einzelanerkennungen von Seminaren. Stattdessen sehen sie vor, dass der Veranstalter selbst anerkannte wird. Grundsätzlich gelten die Seminare dieser Anbieter dann als anerkannt, wenn sie die formalen Bedingungen (Dauer, Veranstaltungsort, Thema) erfüllen.
Von den Veranstaltern erhalten Sie meist eine Kopie der Anerkennung oder einen Hinweis auf das Aktenzeichen, unter dem die Anerkennung bei der zuständigen Bezirksregierung ausgesprochen wurde.
Wichtig: Manche Bildungseinrichtungen sind staatlich anerkannt, oder sogar staatliche Einrichtungen (wie z.B. Unis), aber es gilt nur die Anerkennung nach dem AWbG (NRW) bzw. Bildungszeitgesetz (Baden-Württemberg).
In den Gesetzen der meisten Länder ist die Wahlfreiheit bei der Seminarwahl explizit festgeschrieben.
Das NRW-Bildungsurlaubsgesetz, wie auch das von Berlin, macht hier eine Ausnahme: das Thema „ist nicht auf die bisher ausgeübte Tätigkeit beschränkt. Bildungsinhalte, die sich nicht unmittelbar auf eine ausgeübte berufliche Tätigkeit beziehen, sind eingeschlossen, wenn sie in der beruflichen Tätigkeit zumindest zu einem mittelbar wirkenden Vorteil des Arbeitgebers verwendet werden können.“
Interessengeleitet legen Arbeitgeber die Latte für den Nutzen gern hoch. Der Begriff Mindestnutzen deutet aber schon an, dass es nicht um die tägliche Anwendbarkeit gehen muss. Auch die perspektivische Weiterentwicklung Ihres beruflichen Werdegangs (nicht die Neuorientierung) darf in Ihre Seminarwahl einfließen. Letztlich geht es aber immer um die Beurteilung eines Einzelfalls. Hier kann Ihnen möglicherweise der Betriebsrat helfen oder auch ein Fachanwalt. Bei Seminaren der politischen Bildung gilt diese Einschränkung ohnehin nicht – da haben auch Beschäftigte aus NRW und Berlin freie Wahl.